Der Hochzeitsturm zu Plüderhausen
Brauch und Gebrauch
Uwe Schröder
Seit Mitte der 1990er Jahre pflanzen Brautpaare, die sich auf dem Plüderhausener Rathaus das Ja-Wort gegeben haben, auf einer sog. „Hochzeitswiese“ einen Obstbaum. Zur Auswahl stehen Apfel-, Kirsch-, Birn- oder Zwetschgenbaum.
Was als „alter Brauch“ von der Gemeinde wiederbelebt wurde, dient dem Hegen und Pflegen der Kulturlandschaft, den Streuobstwiesen des Remstals. Dem Brauch ging ein drastischer Einschnitt in die Lebenswirklichkeit voraus. Nach dem Dreißigjährigen Krieg bestimmten Verordnungen und Verpflichtungen wechselnder Landesväter – „im Rahmen der allgemeinen Bestrebung zur Hebung der Landeskultur“ – den Anfang: Heiratswillige Bauern und Bewerber um das Bürgerrecht wurden verpflichtet, Obstbäume an Straßen oder auf Allmenden zu pflanzen, Kommunen und private Grundeigentümer waren angehalten, Obstbäume beiderseits von Straßen und Wegen einzusetzen, Baumfrevlern drohten drakonische Strafen.[1]
Identität, Kultur und Gedächtnis sind der Landschaft des Remstals eingeschrieben. Längst schon – über die Zeitläufte hinweg – ist aus der Not das Symbol, aus der Pflicht die Kür geworden: Einmal im Jahr, an einem Samstag im Herbst oder auch im Frühjahr, findet die „Pflanzaktion“ der Eheleute statt.
Das Anordnen und Errichten von Räumen an Orten ist Aufgabe der Architektur. Der Hochzeitsturm markiert einen Ort und stiftet dem Brauch einen Raum. An den Höhenzügen der Tallandschaft des Remstals oberhalb von Plüderhausen steht der Turm inmitten einer Streuobstwiese, die als „Hochzeitswiese“ ausgezeichnet ist...
Ausstellungseröffnung Sonntag, 7. Mai 2017 um 14.00 Uhr durch die Kuratorin Jórunn Ragnarsdóttir. 8. bis 14. Mai 2017 täglich geöffnet von 12.00 bis 20.00 Uhr. Das Röhm/Tor 2 Weilerstraße 14, 73614 Schorndorf
[1] Vergl.: Lucke/Silbereisen/Herzberger, Obstbäume in der Landschaft, Stuttgart 1992, S. 21f.
News: "16 Stationen", Remstal Gartenschau 2019, Ausstellungsbeteiligung von usarch
Datum: 07-05-2017